Abschlussdrehbuch Aylin Alici

Juna

Lou ist 25 Jahre alt und hat bereits seit Jahren ein Geheimnis

Ihre große Narbe auf der Wange ist keins. Die hat sie schließlich seit ihrer Kindheit. Ihre Wut-Bewältigungsprobleme sind auch keins. Man sieht sie immer wieder in den Aufzug oder ins Bad huschen, um laut loszuschreien. Ihr schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter Marie, die am selben Theater wie sie arbeitet, ist auch keins. Wie soll man es ihr übel nehmen, wenn sie ihr ständig vermittelt, nicht gut genug zu sein? Es ist auch nicht die Tatsache, dass sie deswegen das Angebot als leitende Kostümbildnerin für die diesjährige Aufführung abgelehnt hat. Nein, das hat sich in allen Etagen sehr schnell rumgesprochen. Ihr Geheimnis hat langes, weißes Haar, perfektes Timing und heißt Juna. Ihre Kindheitsfreundin, die immer im richtigen Moment zu Besuch kommt. Wie gewohnt, nistet sie sich bei Lou ein und hilft ihr wieder auf die Beine. Es scheint, als wären sie nie auseinander gewesen. Juna motiviert sie zur Anfertigung eines Kleids, das ihr am Ende sogar einen neuen Job besorgt. Weit weg von ihrer Mutter, die bereits den Verdacht schöpft, dass Juna wieder im Leben ihrer Tochter ist. Marie kann Juna nämlich nicht leiden. Jeden Tag wird sie an sie erinnert. Durch die Narbe, welche damals bei einem Streit über Juna entstanden ist. Lou und Juna können nicht anders. Sie verschmelzen miteinander. Doch als Juna ihr plötzlich vorwirft, dass sie immer noch die Bestätigung ihrer Mutter sucht, geht alles sehr schnell. Juna liegt in der Badewanne. Leblos und erwürgt. Lou sitzt auf ihr drauf. Panisch und ruhig zugleich. Und fragt sich: „Ist es wirklich Mord, wenn es sie nur in meiner Fantasie gibt?“