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Studierende ifs Setbau
© ifs

»Grünes Szenenbild«: Nachhaltige Umsetzung des Setbaus »WarteRaum«

Best Practice: Nachhaltige Umsetzung eines Setbaus

Als Filmschule ist es unser Anliegen, unsere Szenenbild-Studierenden an ein kreatives, umweltbewusstes und »grünes« Schaffen heranzuführen.
– Wir suchen nach neuen Möglichkeiten für eine ressourcenschonende (z. B. durch »upcycling«) und emissionsarme Herstellung.
– Wir erkunden neue Forschungsfelder.
– Wir schieben Experimente an.
– Wir entwickeln Lösungsansätze für ein »Grünes Art Department« und setzen diese um.

Das »grüne« Arbeiten im Szenenbild bestimmt die Zukunft unseres szenenbildnerischen Schaffens und stellt uns gleichzeitig vor neue Herausforderungen. Denn die Anforderungen der Filmherstellung sind nicht auf lange Herstellungsprozesse, zeitintensive Lösungswege und langwieriges Experimentieren ausgelegt. Der Einsatz von giftigen Lösungsmitteln, Tropenhölzern und erdölbasierten Kunststoffen sowie eine Wegwerfmentalität war jahrelang gängige Praxis, denn ihre Handhabung ist einfach, vermeintlich schnell und zudem günstig.

Was also tun?

Zuerst haben wir die Ärmel hochgekrempelt, eine studentische Nachhaltigkeits-AG gebildet, die Verwendung von Materialien und Werkstoffen hinterfragt, die Szenenbild-Werkstatt durchsucht, Dosen und Tiegel umgedreht, giftige, lösungsmittelhaltige Flüssigkeiten verbannt, grüne Adressen gesammelt, ein E-Lastenbike angeschafft, den Fundus vergrößert und das Materiallager bis in den letzten Winkel mit wiederverwendbaren Materialien gefüllt.
Hiervon noch nicht erschöpft, haben wir in die Vergangenheit geblickt, über alte Herstellungsweisen reflektiert und diese mit den Anforderungen der Zukunft synchronisiert. Hier stand – als ressourcen-intensivster und größter finanzieller Posten im Szenenbild – der Setbau schnell in unserem Fokus.
Als Ergebnis haben wir das sogenannte »Blendensystem«, das in früheren Jahrzenten im Studio- und Theaterkontext angewandt wurde, für uns wiederentdeckt und »reanimiert«: Kulissenwände aus Einzelelementen für »längere Gebrauchszeiträume«. Eine Grundvoraussetzung für diese Wiederbelebung war, dass die ifs ausreichend neuen Lagerraum zur Verfügung gestellt hat.

»Grüner« Setbau an der ifs

Unsere wiederverwendbaren Holzkulissenwände werden nach einem metrischen System mit festgelegten Breiten und einer einheitlichen Höhe (Breiten von 30 cm, 50 cm sowie 100 cm und einer Bauhöhe von 330 cm) erschaffen: Eine Rahmenkonstruktion aus Theaterlatten, beplankt mit 6mm starken Multiplex Platten aus nachhaltiger FCS zertifizierter Forstwirtschaft, ergibt in einem metrischen Grundgerüst, die langlebige und wiederverwendbare Basis für alle weiteren Setbauten an der ifs. Die Wände werden in den gewünschten Breiten zusammengefügt, die Fugen mit lösungsmittelfreier Fugenmasse geschlossen, um dann mit Nessel überspannt zu werden. Die Befestigung des Nesselstoffes erfolgt mit Tackernadeln. Die Nesseloberfläche kann dann je nach Entwurf entsprechend gestaltet werden.

In unserem aktuellen Setbau, einem »WarteRaum«, sind Putzoberflächen, Holzvertäfelung sowie Papiertapeten zu sehen. Diese Oberflächenimitationen – zum Teil in Naturfarbe, zertifiziert mit dem Blauen Engel oder aus Restbeständen – sind so täuschend echt, dass sie Szenenbildner*innenherzen höherschlagen lassen. Beim Abbau des »WarteRaums« kann der Nesselstoff ganz einfach wieder von den Wänden abgelöst und diese demontiert werden. Der Einsatz von Schrauben ist minimiert und die gelösten Schrauben können der Wiederverwendung zugeführt werden. Die »Haut« (der bemalte Nesselstoff) sowie der wiederverwendete Teppichbodenbelag werden entsorgt. Fenster und Türen werden in den Kreislauf des Gebrauchtwarenhandels zurückgeführt. Die blanken Kulissenwände wandern, nachdem sie geschliffen worden sind, in ihrem Urzustand zurück in den Lagerraum, wo sie auf ihren nächsten Einsatz warten (z. B. als raue Stein-Stallwand, als Jugendstil-Wandbild oder Science-Fiction Raumschiff). Die Erschaffung des »WarteRaums« war nicht nur gestalterisch ein Vergnügen, uns ist dabei insbesondere die Annäherung an ein »grünes Szenenbild« geglückt. Und wir freuen uns darauf, diesen Weg weiter zu gehen und noch »grüner« zu werden!

Petra Maria Wirth – Fachbereichsleitung Szenenbild
Andreas Müller – Studio- und Werkstattleiter

 

Vorher-Nachher im Warteraum
© ifs
Vorher-Nachher im Warteraum
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Vorher-Nachher im Warteraum
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Die letzten Oberflächen werden gestaltet
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